Abstandsmessung im Straßenverkehr: Das sollten Sie wissen
Das Wichtigste in Kürze
Bei einer Abstandsmessung prüfen Polizeibeamte, ob die Verkehrsteilnehmer den nötigen Abstand zueinander einhalten.
Dabei setzen die Beamten verschiedene Messsysteme ein, zum Beispiel stationäre Geräte an Autobahnbrücken.
Ziel der Messungen ist es, das Risiko schwerer Auffahrunfälle zu senken.
Bei Abstandsverstößen drohen Bußgelder bis zu 400 Euro, Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg und ein Fahrverbot.
Warum sind Abstandsmessungen wichtig?
Sie überholen gerade ein langsameres Fahrzeug auf der Autobahn. Im Rückspiegel sehen Sie, wie der Hintermann immer dichter hinter Ihnen auffährt. Eine gefährliche Situation, die sich mehrmals täglich auf deutschen Autobahnen abspielt. Um Auffahrunfälle zu verhindern, führt die Polizei regelmäßig Abstandmessungen durch. Wie diese ablaufen, welche Distanz Sie zum Vordermann halten sollten und was bei Verstößen passiert, lesen Sie im Ratgeber.
Viele Unfälle wegen zu geringem Abstand
Etwa jeder achte Unfall mit verletzten und getöteten Personen im Jahr 2020 passierte, weil Fahrer den Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten haben. Dies geht aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamts hervor.
Häufig überschätzen die Personen am Steuer ihre Fähigkeiten und gehen davon aus, dass sie ihr Fahrzeug auch bei geringem Abstand jederzeit unter Kontrolle haben. Doch das stimmt nicht, wie Versuche der Unfallforschung der Versicherer zeigten. Wenn Testfahrer den Abstand nicht einhielten und der Vordermann plötzlich bremste, konnten sie nicht schnell genug reagieren. Ein Auffahrunfall war nicht mehr zu verhindern. Bei Tempo 100 und einem Abstand von nur 15 Metern krachte der hintere Wagen mit voller Wucht gegen den vorderen, als dieser abrupt bremste.
Um das Risiko von solchen Unfällen zu senken, finden vor allem auf Landstraßen und Autobahnen Abstandsmessungen statt. Innerorts, wo langsamer gefahren wird, sind solche Messungen eher unüblich. Je höher die Geschwindigkeit ist, umso gravierender sind die Folgen, wenn es wegen zu geringen Abstands zu einem Unfall kommt.
Wie groß sollte der Sicherheitsabstand sein?
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) macht dazu in § 4 Abs. 1 nur vage Angaben: „Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.“ Genaue Abstandsregeln für Autos mit exakten Werten schreibt das Gesetz nicht vor.
Mindestabstände im Überblick
Welchen Sicherheitsabstand Sie einhalten sollten, hängt von Ihrer Geschwindigkeit ab. Mit diesen Abständen haben Sie genügend Bremsweg vor sich:
-
Innerorts bei 50 km/h sollten Sie mindestens 15 Meter Abstand zwischen sich und dem vorausfahrenden Fahrzeug haben.
-
Außerorts bei 100 km/h sollte der Abstand mindestens 50 Meter zum vorausfahrenden Fahrzeug betragen.
-
Außerorts bei 130 km/h halten Sie mindestens 65 Meter Abstand zum Vordermann.
Übrigens: Lastwagen haben einen längeren Bremsweg. Deshalb müssen sie laut § 4 Abs. 3 StVO bereits bei Tempo 50 einen Abstand von 50 Metern zum vor ihnen fahrenden Kfz einhalten.
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So erkennen Sie den richtigen Abstand zum Vordermann
Außerhalb von geschlossenen Ortschaften
Damit Sie noch rechtzeitig reagieren können, wenn der Fahrer vor Ihnen bremst, lehren Fahrschulen diese wichtige Faustformel als Richtwert für Pkw:
Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug = halber Tachowert
Diese Regel gilt, wenn Sie außerhalb von geschlossenen Ortschaften unterwegs sind. Auch die Polizei zieht sie bei ihren Abstandsmessungen heran.
Beispiel:
Wenn Sie mit 100 km/h fahren, sollten Sie mindestens 50 Meter hinter einem anderen Fahrzeug bleiben. Das ist genau der Abstand zwischen zwei Leitpfosten. Daran können Sie sich also orientieren, wenn Sie auf Landstraßen und Autobahnen unterwegs sind.
Innerhalb von geschlossenen Ortschaften
Innerorts beträgt der Sicherheitsabstand bei 50 km/h ca. 15 Meter. Das entspricht in etwa der Länge von drei hintereinander parkenden Pkw.
Die Sekunden-Regel für den Sicherheitsabstand
Auch die Sekunden-Regel hilft Ihnen, eine ausreichende Distanz zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten.
- Innerorts: Der Abstand beträgt so viele Meter, wie Sie innerhalb einer Sekunde zurücklegen.
Beispiel: Bei 40 km/h sollte die Distanz zwischen Ihnen und dem Vordermann ca. 11 Meter betragen (40 : 3,6= 11,11).
- Außerorts: Der Abstand entspricht der Strecke, die Sie in zwei Sekunden fahren.
Beispiel: Bei 100 km/h sollten ca. 55 Meter (100 : 3,6 x 2 = 55) zwischen Ihnen und dem vorausfahrenden Fahrzeug liegen.
Die Distanz zum Vordermann prüfen
- Merken Sie sich am Straßenrand vor Ihnen einen markanten Punkt, zum Beispiel einen Baum oder ein Straßenschild.
- Beginnen Sie die Sekunden zu zählen, sobald das vorausfahrende Kfz den Punkt passiert.
Innerorts sollte es mindestens eine Sekunde dauern, bis Sie an dem Punkt vorbeifahren. Außerorts sollten Sie mindestens zwei Sekunden brauchen, bis Sie die Stelle erreichen. Als Faustregel gilt: Der halbe Tacho-Wert sollte der Mindestabstand in Metern betragen.
Wichtig: Bei Regen, Schnee oder Nebel sollten Sie den Mindestabstand zum Vordermann unbedingt vergrößern. Denn der Bremsweg verlängert sich auf nasser und glatter Fahrbahn.
Elektronische Abstandswarner: nützliche Helfer
In vielen neuen Fahrzeugen sind bereits Abstandswarner, auch Abstandsregeltempomaten oder ACC = „Adaptive Cruise Control“ genannt, integriert. Die elektronischen Helfer sind oft Bestandteil von Fahrassistenzsystemen wie dem Notbremsassistenten oder dem Tempomaten. Sie machen Sie darauf aufmerksam, wenn Sie den Mindestabstand unterschreiten. Manche Assistenten bremsen Ihr Auto sogar automatisch ab. Verlassen Sie sich jedoch nicht zu sehr auf solche Systeme. Fällt der Assistent aus, müssen Sie selbst die richtige Distanz zum Vordermann einschätzen und einhalten.x
So funktioniert die Abstandsmessung
Stationäre Videoüberwachung
Besonders häufig nehmen Polizeibeamte Abstandsmessungen an Autobahnen vor. Dafür installieren sie sogenannte Abstandsblitzer auf Brücken. Zudem bringen sie verschiedene Mess- und Kontrollpunkte auf der Fahrbahn an. Zwei Kameras sind dabei die zentralen Instrumente – eine nimmt das Verkehrsgeschehen auf, die andere macht Fotos vom Fahrer. Der Computer berechnet anhand der Mess- und Kontrollpunkte, ob die Personen die nötigen Abstände einhalten.
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Bei manchen Messungen sitzen Beamte auch in einem Fahrzeug in der Nähe und verfolgen den Verkehr per Video. Nur bei einem Abstandsverstoß betätigen sie einen Blitzer, also eine Kamera, die ein Foto vom entsprechenden Fahrer macht.
Mobile Videoüberwachung
Es kommt auch vor, dass Beamte Abstandsmessungen direkt aus dem Polizeiauto heraus durchführen. Dafür kommen speziell ausgerüstete Fahrzeuge zum Einsatz, in die Systeme zur Abstands- und Geschwindigkeitsmessung eingebaut sind. Sensoren nehmen die vorbeifahrenden Autos auf. Die Beamten berechnen anschließend am Computer die Abstände und Geschwindigkeiten, um Verstöße festzustellen.
Optische Abstandsmessung
In seltenen Fällen schätzen Polizeibeamte per Augenmaß den Abstand zwischen zwei Fahrzeugen – und das über eine Strecke von mindestens 600 Metern. Die Messung ist jedoch sehr ungenau.
Toleranzabzug bei der Abstandsmessung
Die meisten Fahrer kennen das von den Geschwindigkeitsmessungen. Sind sie zu schnell unterwegs, gibt es einen sogenannten Toleranzabzug. Das bedeutet: Von der gemessenen Geschwindigkeit wird zu Gunsten des Fahrzeuglenkers ein gewisser Betrag abgezogen. Damit will die Polizei mögliche Messungenauigkeiten ausgleichen.
- Bei einem Tempo von weniger als 100 km/h beträgt die Toleranz drei Kilometer.
- Bei mehr als 100 km/h werden drei Prozent von der ermittelten Geschwindigkeit abgezogen.
Einen Toleranzbereich gibt es auch beim Sicherheitsabstand, der immer in Verbindung mit der Geschwindigkeit gemessen wird. Wie viele Meter dabei berücksichtigt werden, hängt vom Messsystem ab. Wenn Beamte den Abstand per Augenmaß schätzen, beträgt die Toleranz 20 bis 30 Prozent. Denn bei dieser Messweise ist die Fehleranfälligkeit besonders groß. Verwenden die Beamten ein Videokontrollsystem (VKS) auf der Autobahn, veranschlagen sie den Toleranzbereich auf 15 Prozent von dem in 0,8 Sekunden zurückgelegten Fahrweg.
Beispiel: Angenommen Sie sind mit 160 km/h unterwegs. Sie müssten den halben Tachowert, also 80 Meter zwischen sich und dem Fahrzeug vor Ihnen einhalten. Bei der Abstandsmessung wurden 75 Meter zum Vordermann festgestellt. Die Berechnung des Toleranzbereichs ergibt: In 0,8 Sekunden fahren Sie eine Strecke von 35,2 Metern (160: 3,6 = 44,44 Meter in einer Sekunde; 44 Meter x 0,8 = 35,2 Meter). 15 % von 35,2 Meter = 5,28 Meter. Zu den 75 Metern werden zu Ihren Gunsten 5,28 Meter addiert. Das bedeutet: Mit Berücksichtigung des Toleranzbereichs reicht Ihr Abstand aus und Sie bleiben straffrei.
Strafen bei zu geringem Abstand
Im Bußgeldkatalog sind die Strafen aufgelistet, die bei einem durch eine Abstandsmessung nachgewiesenen Verstoß drohen. Grundsätzlich gilt: Je schneller Sie fahren, ohne die nötige Distanz zum Vordermann einzuhalten, umso höher fällt die Strafe aus. Die Bußgelder liegen zwischen 25 und 400 Euro. Zudem können Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot dazu kommen.
Beispiele: Strafen laut Bußgeldkatalog
Abstandsverstoß |
Bußgeld |
Punkte in Flensburg |
Fahrverbot |
---|---|---|---|
Bei weniger als 80 km/h …
|
25 Euro |
|
|
Bei mehr als 80 km/h …
|
75 Euro |
1 |
|
Bei mehr als 100 km/h …
|
75 Euro |
1 |
ein Monat 3 Monate |
Bei mehr als 130 km/h …
|
100 Euro |
1 |
ein Monat 3 Monate |
Abstand in der Probezeit nicht eingehalten
Sind Sie in eine Abstandsmessung geraten und befinden sich noch in der Probezeit, fallen die Strafen noch härter aus. Wenn Sie zu nahe an Ihren Vordermann heranfahren, begehen Sie einen sogenannten „A-Verstoß“. Bereits nach einem solchen Verkehrsverstoß verlängert sich für Fahranfänger die Probezeit automatisch um zwei Jahre. Außerdem müssen Sie an einem Aufbauseminar teilnehmen. Worauf Sie während der Probezeit noch achten sollten, lesen Sie im entsprechenden Ratgeber.
Abstandsmessung anfechten
Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, nachdem ein Abstandsmesser einen Verstoß bei Ihnen festgestellt hat, können Sie Einspruch dagegen einlegen. Solche Bescheide sind häufig fehlerhaft: Sie können einen falschen Namen, eine andere Adresse und ein verkehrtes Autokennzeichen enthalten. Zudem ist es möglich, dass aufgrund von Mess- und Softwarefehlern die Distanz zu Ihrem Vordermann falsch berechnet wurde.
Wenn Sie überzeugt sind, dass der Bescheid nicht korrekt ist, wenden Sie sich am besten an einen Rechtsanwalt für Verkehrsrecht. Er kann Akteneinsicht in Ihren Fall beantragen und abschätzen, ob der Einspruch erfolgreich sein wird. Sie haben zwei Wochen nach Erhalt Zeit, den Bescheid anzufechten. Was wichtig ist, wenn Sie Einspruch gegen einen Bescheid einlegen wollen, lesen Sie im entsprechenden Ratgeber.
Häufige Fragen und Antworten rund um die Abstandsmessung
Wie wird der Abstand von Fahrzeugen gemessen?
Dazu setzt die Polizei verschiedene stationäre und mobile Verfahren ein. Häufig handelt es sich dabei um Abstandsmessungen von Autobahnbrücken. Die Polizei misst aber auch Geschwindigkeiten und Abstände aus speziellen Fahrzeugen heraus. Zudem dürfen die Beamten den Abstand auch per Augenmaß schätzen. Das ist jedoch in der Regel sehr ungenau, sodass hier große Toleranzbereiche gelten.
Wie funktioniert die Abstandsmessung auf der Autobahn?
Dabei sind meist Kameras auf Brücken oberhalb der Autobahn installiert. Sie zeichnen den Verkehr auf und filmen die Personen am Steuer. Anhand von speziellen Markierungen auf der Autobahn berechnet ein Computerprogramm, ob die nötigen Abstände bei der jeweiligen Geschwindigkeit eingehalten wurden. Bei einem Verstoß erhält der Fahrer einen Bußgeldbescheid. Außerdem können Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot dazu kommen.
Wann ist eine Abstandsmessung ungültig?
- Wenn bei Messgeräten technische Fehler vorliegen.
- Wenn die Geräte von den Beamten falsch eingestellt wurden und eine genaue Messung deshalb nicht möglich war.
- Bei besonders dichtem Verkehr sind Messungen wenig aussagekräftig.
- Bei einem Überholvorgang kann es kurzfristig dazu kommen, dass der Fahrer den Abstand nicht einhalten kann – zum Beispiel wenn ein Wagen knapp vor ihm einschert.
- Wenn der Vordermann abrupt abbremst und der Abstand für kurze Zeit kleiner wird als nötig.
Wann erhält man den Bescheid nach einer Abstandsmessung?
Innerhalb von zwei bis drei Wochen nach der Messung erhalten Sie in der Regel den Bescheid. Dann haben Sie zwei Wochen Zeit, Einspruch dagegen einzulegen. Die Ordnungswidrigkeit verjährt übrigens nach drei Monaten. Wenn Sie also innerhalb von drei Monaten keinen Bescheid erhalten, müssen Sie weder ein Bußgeld zahlen noch eine Strafe antreten.
Marlis Reisenauer, 07.08.2024
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